Damit hier auchmal die Sorte Fotos reinkommt, die sonst eigentlich kein Schwein macht, kommt dieser Eintrag rein. Schonmal aufgefallen, dass man meistens vom Haus seiner Eltern und von seiner Studentebude / Wohnheim kaum Fotos hat?
6:59 Hinter der Tür mit dieser Nummer schläft ein kleiner Maschi aus Deutschland. Bitte nicht stören! Noch nicht.
Er liegt in seinem gemütlichen Bett aus Beton und schläft. So sah das Zimmer mal aus, als ich frisch eingezogen bin. Kein Gerümpel. Betonbett. Verdübelter Schreibtisch. Betonschrank an der Seite.
7:00 Mein Wecker Marke Nokia klingelt. Was für ein Glück, dass der auch Snooze-Funtkion hat, wenn man nicht auf den entsprechenden Knopf drückt.
7:30 Der Blick aus dem Fenster verrät: Die Sonne scheint schon. Es wird Zeit, das Moskitnetz beiseite zu ziehen und mal einen Fuß vor das Bett zu setzen.
7:31 Ab ins Bad. ALLE Lichter an, im Dunkeln sieht man die Moskitos so schlecht.
Zeit für Mückentennis. Bevor man sich in unserem Badezimmer für große Geschäfte hinsetzt, empfiehlt es sich, mit der Klopapier-Ersatz-Dusche die Schüssel ein paar mal abzuschießen, um Mücken wegzuspülen oder zum Auffliegen zu bringen. Wenn sie auffliegen sind es manchmal zu viele um sie zu erschlagen, deswegen hat man dann am besten den Mücken-Tennisschläger griffbereit, um die Viecher elektrisch zu grillen.
Der Schläger hat 3 Netze übereinander, die unter Spannung stehen. Die äußeren haben noch so große Maschen, dass Mücke durchpassen, aber immer noch ein bisschen berühren - das innere ist so eng das die Mücke hier endglültig hängen bleibt und den Stromkreis schließt. Wenn man damit rumfuchtelt sieht man an der Stelle, wo mal die Mücke war nur noch einen kleinen hellblauen Blitz. Bratzzzzz!
7:33 Zeit zum Duschen. Aus dem Duschkopf kommt nur kaltes Wasser - okee so richtig kalt ist es nicht, wir sind hier ja in Indien. Wenn man allerdings Wasser will, das so warm ist, dass man damit auch effizient mal die Haare vom Schweiß befreien kann, dann muss man sich einen Eimer am kleinen Warmwasserhahn vollmachen und das warme Wasser sich mit einem kleineren Schöpfer über den Kopf kippen.
7:48 Es wird Zeit. Hoffentlich stehe ich schon mit Odomos (DEET-Creme, eine Erfindung der US Army aus Vietnam, mögen Mücken nicht) eingschmiert und gepacktem Rucksack vor der Tür.
Diesen eeeeewig langen Gang entlangjoggen...
...die kleine Treppe zur Wohnheimspforte hoch...
...ein hastiger Blick aufs schwarze Brett...
... und irgendwo auf dem Wohnheimsvorplatz...
... steht hoffentlich noch mein *ähem* schrottreifer Drahtesel, der mich hoffentlich auch heute ohne auseinanderzufallen zum Hörsaal bringt.
Eine kleine Detailaufnahme. Die Kette muss einmal die Woche nachgespannt werden, sonst fliegt sie runter, die Bremsbacken sind trotz sehr geringer Fahrleistung meistens nach so einem Monat runter, die Ständer klappt immer wieder über den Schlaglöchern runter, von einer Gangschaltung und einem Licht träumt dieses Fahrrad vielleicht manchmal.
7:52 Vorbei an Hostel 7. Die Tum-Tum (sprich Tamm-Tamm) Busse sind doof - meistens überfüllt, wenn man sie braucht. Hier werden die Busse nochmal endgültig vollgemacht. Würd mich ankotzen, wenn ich hier in den Bus müsste und jeden das gleiche Halli-Galli hätte...
Hier im indischen Straßenverkehr muss man neben dem Linksverkehr...
...auch auf andere Verkehrsteilnehmer achten. Gerade wenn sie eine größere Tonnage haben als du, gehört deine Spur manchmal auch dem Gegenverkehr. Wer die lautere Hupe hat, hat recht. Ich hab nichtmal ne Klingel.
7:59 Hoffentlich flitze ich um diese Zeit durch die Tür vom CESE - Centre for Environmental Science and Engineering.
8:00 Eingentlich fangen so früh noch keine Vorlesungen an - das geht erst um 8:30 los. Normalerweise geht die "Air Pollution Science and Engineering"-Vorlesung von 18:30 bis 20:00. Aber weil ein muslimischer Komillitone während des Fastenmonts Rammadan genau zu dieser Tageszeit, direkt nach Sonnenuntergang endlich mal was essen wollte, wurde die Vorlesung auf 8 morgens verschoben. Und irgendwie hat man vergessen, das am Ende vom Ramadan rückgängig zu machen. Bei der ersten 8:00-Vorlesung hat der Kerl, um den es ging sogar selber verschlafen - naja.
Professor Sethi erzählt und malt Bilder von rauchenden Schloten - schön, oder? Der Mann ist ein Unterhaltungstalent.
Wir hören ihm auch alle zu, meistens jedenfalls.
9:30 nach anderthalb Stunden muss ich eigentlich blitzschnell rüber zu den Chemikern in meine quasi-CVT2-Vorlesung.
Irgendwo hinter den Bäumen in der rechten Bildhälfte haben sich die Chemiker und die Chemie-Ingenieure versteckt.
Der Prof kommt aber zum GLück meistens so 10-15 Minuten zu spät in den Hörsaal, so dass noch genug Zeit bleibt, um mal ein bisschen die Bude zu lüften.
Dieser wunderschöne neue Hörsaal hat ein kleines Schimmelproblem in den Stühlen, die in der Monsunzeit nach dem Wochenende immer weiße Stippen dran haben - so wie Totholz im Wald. Schon ein bisschen paradox, dass das ausgerechnet den Chmikern passiert.
Macht aber nix - wir haben trotzdem Spass dabei!
Professor Mehra knallt uns tolle Gleichungen um die Ohren. Manche sind differentiell, partiell und aaaaahhh ich bin doch nur ein kleiner Maschi :-( Wenn er mich nicht durchfallen lässt, dann sind diese Fotos in der allerletzten Vorlesung meines Studentenlebens entstanden.
11:00 Letzte Vorlesung für heute Vorbei. Jetzt steht entweder Jan schon draußen, um mir ein Mittagessen zu suchen, oder ich leg mich nochmal schlafen. 3 Stunden Vorlesung am Stück und auch noch Mitschreiben - das hatte ich glaub ich seit Kern nicht mehr. Ich bin einfach nix mehr gewohnt...
11:30 Jetzt lieg ich entweder mittagsschalfend im Bett, oder Sitze mit Jan beim Mittagessen. Häufige Kandidaten: Subway (Sub des Monats für 80 Cent), KFC, Domino's oder Pizza Hut. Manchmal gönnen wir uns als Nachtisch noch einen Snickers-Shake mit Schokoladeneiskugel und Sahnehaube bei Mocha.
Und wenn's ganz dick kommt stürmen wir das Büffet von "Spaghetti". Für 5€ mit wirklich sehr guter italienischer Küche, die auch weit über Pizza und Nudeln mit Lammgulasch, Hühnermedaillons in Kräutersoße usw herausgeht sattfuttern. Hier trifft man auch viele Stammgäste aus Büros von diversen Großkonzernen in der Nachbarschaft.
14:42 Tock-Tock. Irgendjemand klopft an die Tür. Das war's dann mit Mittagsschlaf. Mal gucken, wer das ist...
Klar, die Putzkolonne. Mein Zimmer ist genau gegenüner vom Etagen-Badezimmer, also wird bei mir zuerst geklopft. Die brauchen nämlich auf nem Zettel ne Unterschrift, dass sie auch wirklich geputzt haben. Na gut. Böse Zungen behaupten, die machen den biden einfach nur nass - aber besser als nix isses bestimmt. Meine drei Kreuze können sie haben. Die Jungs haben wenigstens noch Spaß bei der Arbeit. Wenn die Duschkabinen dran sind, schließt sich jemand drin ein und was man draußen hört ist ein Wahnsinns-Geplätscher und jemand der dabei singt, während so manche Raumpflegerin in Deutschland schon längst den Spaß an der Arbeit verloren hat.
15:00 Vielleicht ein kleiner Spaziergang über den Campus... manchmal brauchen wir ein bisschen Bewegung.
Am Seeufer verrät dieses Verbotsschild mal wieder etwas über indische Kultur. Wo bei uns "Bitte keine Enten füttern" steht, steht hier, etwas saplopp übersetzt "Bitte keine Götter und keine Opfergaben für hinduistische Götter in den See werfen". das gehört halt z.B. bei der Ganesh-Pooja dazu, dass der Gott, den man während der Feiertage im Wohnzimmer stehen hatte danach Baden geht... tja.
16:30 Tiffin - Mittagstee. Wenn's kein Mittagessen gab, ist das jetzt die Gelegenheit, für den unschlagbaren Preis von 20 Rupien (32 Cent) sich ein Tee-All-You-Can-Drink mit Toastbrot und diversen indischen Pfannekuchen in der Mensa zu gönnen. Satt werden garantiert und immer eine schöne Gelegenheit, mit indischen Nachbarn zu quatschen oder neue kennen zu lernen.
17:42 Wie schon Thomas Gottschalk festgestellt hat, der Goldbär oder im Allgemeinen der Gummibär ist eine bedrohte Spezies und definitiv am Ende der Nahrungskette.
Auch in diesem recht vegetarisch geprägten Land hat der Gummibär sehr gefährliche Fressfeinde, die bisweilen auf die Jagd gehen. In diesem Fall kam es zu einem tragischen Eindringen von Shrikanth und Jan in seinen Lebensraum.
19:00 Der Eismann und seine Frau vermissen uns schon. Mal sehen, ob er heute das "Hard Rock"-Eis (Straciatella mit extra großen Schokobrocken) oder das "Mango Bite"-Eis im Sonderangebot hat. Er kauft bei mehreren verschiednen Herstellern ein und probiert zusammen mit den Kunden Sorten querbeet. Die anderen Nicht-Mango-Fruchtsorten haben eigentlich nichts mit Früchten zu tun... Ihr kennt vielelicht diese grünen Gummi-Apfelringe - so ähnlich schmeckt hier Apfeleis. Das Ananaseis ist dazu dann analog. Das Ehepaar, dass den laden schmeißt, hat eigntlich schon studiert.
Sie ist eine Elektroingenieurin und hat nach 5 Jahren in der Firma beschlossen, dass es schöner ist, eine Eisdiele aufzumachen - und erinnerte sich noch daran, dass es da eine einschlägige marktlücke auf dem IIT-Gelände gab, wo sie als kleines Kind aufwuchs.
20:00 Wenn man irgendwas braucht - DVD Rohlinge, Zahnbürsten, Mückenmittel, Shampoo, Kekse, WLAN-Router, Tennisbälle, Mückennetze, Externe Festplatten, Schulhefte, eine Tasse heißen Kaffee oder Tee... hier wird einem weitergeholfen. Der Name Tante-Emma-Laden passt nicht genz - Onkel-Ranjit-Laden find ich besser. Eigentlich heisst er "Disha Staionary".
Der Laden liegt in meinem Wohnheim einfach eine Etage tiefer.
21:00 Eignetlich ist das Abendessen jeden Tag was anderes und woanders. Von westlichen Ketten (Subway, KFC, Domino's Pizza), einer kleinen Snackbar in Hostel 6, dem Gulmohar-Restaurant auf dem Campus, Edelschuppen mit indischer Küche (Utsav, Mantra-Bar) ist eigentlich alles dabei.
Hier ist Jan ein Softeis im Becher mit Trockenfrüchten und Schokoladensplittern zum Nachtisch über den Weg gelaufen.
Hier mal was besonderes: Ali "Kung Fu Panda" Hakemelahi aus dem Iran hat Biryani im Topf für die ganze Etage bestellt. Sein Zimmer verließ an diesem Abend niemand hungrig.
Abendessen auf der Terrasse von Pop Tate's. Hier gibt's zum Beispiel Lammbörger mit Käse oder "Sizzler" (noch bruzzelnde Platten mit Gemüse und Fleischstückchen). Ali hat auch was zu essen gefunden.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen